Alle Kategorien
Suche

Rechtsgeschäfte - so funktionieren sie

Verträge sind als Rechtsgeschäfte verpflichtend.
Verträge sind als Rechtsgeschäfte verpflichtend.
Sie tun es täglich: Sie bestellen ein Bier, gehen ins Kino, nehmen einen Job an oder kündigen Ihren Mietvertrag. All das sind Rechtsgeschäfte.

Der Begriff der "Rechtsgeschäfte" ist sehr umfassend. Bei einem Rechtsgeschäft tritt ein rechtlicher Erfolg ein, weil Sie diesen Erfolg wollen. Bereits die Römer versuchten, rechtsgeschäftliches Handeln zu definieren.

Rechtsgeschäfte - Informatives

Das BGB kennt den Begriff des Rechtsgeschäfts nicht. Es setzt ihn als bekannt voraus. Allgemein ist ein Rechtsgeschäft ein Tatbestand, der aus einer oder mehreren Willenserklärungen besteht, die auf die Herbeiführung eines rechtlich gewollten Erfolges ausgerichtet sind. Es gibt einseitige und mehrseitige Rechtsgeschäfte.

Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist es so, dass eine Person allein mit ihrer Willenserklärung eine rechtliche Folge herbeiführt. Beispiel: Sie kündigen Ihren Mietvertrag oder fechten einen Kaufvertrag an.

Bei einem mehrseitigen Rechtsgeschäft bedarf es der Willenserklärung mehrerer Personen. Die häufigste Erscheinungsform ist der Vertrag. Bei einem Vertrag tauschen zwei Parteien wechselseitig sich deckende Willenserklärungen aus. Ihr Ergebnis ist die Einigung über einen rechtlichen Erfolg. Beispiel: Abschluss eines Kaufvertrages über ein Auto.

Jede Vertragspartei äußert in einer Willenserklärung eine bestimmte Absicht. In der Regel unterbreitet eine Partei ein Angebot zum Abschluss eines Vertrages. Will die andere Partei das Angebot annehmen, wird ihre Willenserklärung als Annahme bezeichnet. Angebot und Annahme begründen den Vertrag. Jeder Vertrag ist ein Rechtsgeschäft.

Realakt und Gefälligkeitsverhältnis

Rechtsgeschäfte sind von anderen, gleichfalls rechtlich relevanten menschlichen Handlungen zu unterscheiden. Dazu gehört der Realakt. Der Realakt ist eine Handlung, bei der das Gesetz allein an die Verwirklichung eines bestimmten Vorgangs eine Rechtsfolge knüpft.

Beispiel: Sie zeugen ein Kind. Damit begründen Sie Ihre Unterhaltsverpflichtung. Anders als beim Vertrag kommt es nicht auf die Zustimmung einer anderen Partei an. Allein der Realakt der Zeugung wirkt rechtsgeschäftlich.

Kein Rechtsgeschäft ist das Gefälligkeitsverhältnis. Beispiel: Sie helfen, ein Auto anzuschieben. Ihnen fehlt der Rechtsbindungswille. Sie handeln unentgeltlich.

Verträge sind zweischichtig aufgebaut

Ein Vertrag besteht aus zwei Elementen: Zum einen gibt es das Verpflichtungsgeschäft, zum anderen das Erfüllungsgeschäft (Verfügungsgeschäft). Das Gesetz unterscheidet (kausale) Verpflichtungs- und (abstrakte) Verfügungsgeschäfte. Beide sind eigenständig zu beurteilen.

Zum besseren Verständnis vorab ein Beispiel: Sie kaufen im Buchladen ein Buch. Dazu schließen Sie einen Kaufvertrag über das Buch ab. Das ist das Verpflichtungsgeschäft (Kausalgeschäft, Rechtsgrund). Damit sind Sie aber noch nicht im Besitz des Buches.

Die Übertragung des Eigentums vom Verkäufer an Sie ist das Verfügungsgeschäft. Dazu muss er Ihnen das Buch übergeben. Sie haben aufgrund des Verpflichtungsgeschäfts einen Herausgabeanspruch. Will oder kann der Buchhändler das Buch nicht übergeben, ist er Ihnen gegenüber schadensersatzpflichtig.

Verpflichtung und Erfüllung getrennt betrachten

Das Verpflichtungsgeschäft bildet den Rechtsgrund für den Abschluss eines Vertrages. Es ist ein Rechtsgeschäft, durch das Sie Ihre Verpflichtung zu einer Leistung begründen. Es hat schuldrechtlichen Charakter. So ist der Abschluss des Kaufvertrages das Verpflichtungsgeschäft dafür, dass der Verkäufer Ihnen die gewünschte Ware übergibt und Sie den Kaufpreis dafür bezahlen.

Beim Verfügungsgeschäft geht es um den Teil des Rechtsgeschäfts, durch das ein Recht unmittelbar übertragen, belastet, geändert oder aufgehoben wird. Der Buchhändler übergibt Ihnen das gekaufte Buch.

Nicht immer verläuft das Erfüllungsgeschäft so einfach. Typisches Beispiel ist die Eigentumsübertragung einer Immobilie. Erst dieser Übertragungsakt erfüllt die im Kaufvertrag begründete Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des Eigentums. Bei Grundstücken bedarf es dazu der Umschreibung (Auflassung) des Eigentums im Grundbuch.

In diesem Zusammenhang fällt im deutschen Recht der Begriff des Abstraktionsprinzips. Das Verfügungsgeschäft bleibt zunächst wirksam, auch wenn das Erfüllungsgeschäft Mängel aufweist. Umgekehrt gilt das Gleiche.

Im österreichischen Recht gilt hingegen das Kausalprinzip. Danach bedingen sich beide Geschäfte gegenseitig.

Im Immobilienrecht ist das deutsche Abstraktionsprinzip offenkundig. Der fälschlicherweise im Grundbuch eingetragene Eigentümer bleibt zunächst Eigentümer, auch wenn der maßgebliche Kaufvertrag (Kausalgeschäft) unwirksam ist. Wie die korrekte Rechtslage dann wieder hergestellt wird, regelt das BGB in ziemlich komplexer Art und Weise.

Verträge sind nur ausnahmsweise widerruflich oder anfechtbar

Verträge sind bestandskräftig. Sie können einen Vertrag nicht beliebig widerrufen. Eine Ausnahme besteht unter anderem bei Onlinegeschäften (Fernabsatzvertrag) und Haustürgeschäften. Das Gesetz gewährt Ihnen in diesen Fällen als Käufer ein 14-tägiges Widerrufsrecht.

Kaufen Sie im Laden, gibt es kein Widerrufsrecht. Nur wenn die Ware fehlerhaft ist, haben Sie Gewährleistungsansprüche. Ansonsten bleiben Sie auf die Kulanz des Verkäufers angewiesen.

Verträge können in Ausnahmefällen angefochten werden. Ein häufiger Anfechtungsgrund ist die arglistige Täuschung. Verschweigt der Autohändler den Unfallschaden, handelt er arglistig. Er muss davon ausgehen, dass dieser Umstand die Kaufentscheidung des Käufers beeinflusst hätte.

Das Gesetz kennt weitere Anfechtungsgründe. So gibt es den Inhaltsirrtum, bei dem sich eine Partei über den Inhalt ihrer Erklärung irrt. Beispiel: Sie winken in einer Auktion einem Bekannten zu. Der Auktionator versteht  Ihr Handzeichen als Gebot. Sie erhalten den Zuschlag. Rechtsgeschäfte, die unter Täuschung oder Drohung eingegangen wurden, sind gleichfalls anfechtbar.

Die Rechtsfolge der Anfechtung führt dazu, dass das Rechtsgeschäft nichtig ist. Es entfaltet keine Rechtswirkungen. Unter Umständen müssen Sie aber der Gegenseite den Schaden ersetzen, der ihr entstanden ist, weil sie auf die Wirksamkeit des Vertrages vertraut hat.

Sie sehen: Rechtsgeschäfte gibt es in vielerlei Erscheinungsformen. Allein die technische Entwicklung der Kommunikationsmöglichkeiten, insbesondere die des Internets, bedingt eine stetige Anpassung des Vertragsrechts. Die Prinzipien des Schuld- und Sachenrechts bleiben aber immer gleich. Nicht ohne Grund besteht das BGB seit dem Jahre 1900, wenn auch in stetig abgewandelter Form, fort.

helpster.de Autor:in
Volker Beeden
Volker BeedenSeine eigenen Erfahrungen und weitreichende Kenntnisse über Geld sowie Beruf & Karriere gibt Volker mit Freude weiter. In seinen leicht verständlichen Texten beantwortet der Jurist auch Fragen rund um Ihr Zuhause.
Teilen: