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Wie funktioniert eine Zwangsversteigerung? - Wissenswertes

Bei Zwangsversteigerung reagieren, nicht resignieren
Bei Zwangsversteigerung reagieren, nicht resignieren
Die Zwangsversteigerung ist die letzte Möglichkeit eines Gläubigers, eine Forderung zu realisieren. Da sie oft die Lebensgrundlage des Schuldners endgültig zerstört, funktioniert sie nach einem im Gesetz genau vorgegebenen Ablauf.

In Deutschland werden jedes Jahr viele Tausend Immobilien zwangsversteigert. Wer betroffen ist, weiß regelmäßig nicht, wie eine solche Zwangsversteigerung eigentlich funktioniert. Wer die Regeln kennt, hat die Chance, zielstrebig nach einem Ausweg zu suchen.

Zwangsversteigerung bedeutet Sicherheitenverwertung

  • Steht eine Zwangsversteigerung an, geht es meist um eine Immobilie. Wenn eine Bank eine Baufinanzierung gewährt, bestellt der Darlehensnehmer (Schuldner) auf seiner Immobilie eine Grundschuld zu Gunsten der Bank und sichert damit das Darlehen ab. Solange er den Kapitaldienst ordnungsgemäß bedient, bleibt die Immobilie als Sicherheit im Hintergrund.
  • In dem Augenblick, in dem der Darlehensnehmer mit zwei Raten in Zahlungsverzug kommt, kündigt die Bank nach einer vorhergehenden Mahnung mit Fristsetzung das Darlehen. Sie fordert den Darlehensnehmer auf, den gesamten Darlehensbetrag zurückzuzahlen.
  • Jetzt kann der Darlehensnehmer versuchen, eine anderweitige Finanzierung zu realisieren und das bestehende Darlehen abzulösen. Gelingt es ihm nicht, leitet die Bank die Zwangsversteigerung in die Wege.

So funktioniert das Verfahren bei Gericht

  • Dazu beantragt die Bank beim Amtsgericht die Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Dies bedeutet, dass die der Bank als Sicherheit gewährte Grundschuld verwertet wird, indem das Amtsgericht die Immobilie zwangsversteigert.
  • Das Amtsgericht fordert den Schuldner noch einmal auf, sich zur Sache zu äußern und gegebenenfalls einen Antrag zu stellen (Frist 2 Wochen!), das Verfahren um bis zu sechs Monate auszusetzen. Voraussetzung ist, dass der Schuldner eine Perspektive aufzeigen kann, die das Problem löst.
  • Reagiert der Schuldner nicht und stellt er auch keinen Schutzantrag, stellt ihm das Amtsgericht den Beschluss zur Einleitung der Zwangsversteigerung zu. Diese funktioniert nach einem vorgegebenen Plan.
  • Das Amtsgericht bestellt jetzt einen Sachverständigen und beauftragt ihn, den Verkehrswert der Immobilie festzustellen. Das von ihm nach der Besichtigung des Objekts erstellte Gutachten wird dem Schuldner zur Stellungnahme übersandt. Dieser kann Einwände vortragen. Letztlich stellt das Amtsgericht den Verkehrswert per Beschluss fest.
  • Gegen diesen Beschluss kann der Schuldner Beschwerde einlegen, über die letztlich das Landgericht entscheidet. Mit dieser Entscheidung wird der Beschluss zur Einleitung des Verfahrens rechtskräftig.

Mit dem ersten Termin wird es ernst

  • Je nach Arbeitsbelastung setzt das Amtsgericht einen Termin zur Versteigerung fest. Der Versteigerungstermin wird öffentlich durch Aushang an der Gerichtstafel und meist auch in der örtlichen Tageszeitung bekannt gemacht. Der Name des Schuldners wird dabei nicht benannt.
  • Der Schuldner hat aber noch immer die Möglichkeit, die Immobilie selbst zu verkaufen. Kann er einen notariellen Kaufvertrag vorlegen, kann er zugleich die vorläufige Einstellung des Verfahrens beim Amtsgericht beantragen.
  • Im Versteigerungstermin wird der Zuschlag erteilt, soweit sich ein Bietinteressent findet, der 7/10 des Verkehrswertes bietet. Er muss eine Sicherheit von 10 % des festgesetzten Verkehrswertes leisten, die er zuvor auf das Konto der Gerichtskasse überweisen oder per bankbestätigtem Scheck dem Rechtspfleger im Termin vorlegen kann. Bargeld wird nicht akzeptiert.

Im zweiten Termin gelten keine Wertgrenzen mehr

  • Findet sich kein Bietinteressent oder bleiben die Gebote unterhalb der 7/10-Grenze, wird der erste Termin ausgesetzt und nach ca. drei bis sechs Monaten ein zweiter Termin festgesetzt. In diesem Termin kann mit Zustimmung des Gläubigers der Zuschlag auf jedes halbwegs angemessene Gebot erteilt werden.
  • Mit dem Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer der Immobilie. Auf der Grundlage des Zuschlagsbeschlusses kann er den Schuldner aus der Immobilie verweisen und notfalls zwangsräumen.
  • Soweit der Erlös aus der Zwangsversteigerung nicht ausreicht, um die Forderung des Gläubigers vollständig zu bezahlen, bleibt der Schuldner wegen der Restforderung weiterhin persönlich verpflichtet. Gegebenenfalls bietet es sich an, ein Privatinsolvenzverfahren in die Wege zu leiten.

Frühzeitig reagieren, Beratung suchen

  • Wichtig ist, dass der Schuldner nicht gleich resigniert und Wege sucht, die Situation zu bereinigen. Das Verfahren ist sehr langwierig. Nichts passiert über Nacht. Stellen sich finanzielle Probleme ein, sollte der Schuldner unverzüglich das Gespräch mit der Bank suchen (Stundung der Zinsen, Aussetzung der Tilgung, Streckung des Darlehens). In vielen Fällen gibt es durchaus Lösungen. Sie sind nur frühzeitig anzugehen.
  • Vor allem sollte er sich nicht scheuen, frühzeitig kompetente Hilfe (Rechtsanwalt, Schuldnerberatung) in Anspruch zu nehmen. Keinesfalls sollte er aber irgendwelche Vorschüsse an ominöse Berater zahlen, die vorgeben, auch in seiner Situation eine Lösung zu wissen.
helpster.de Autor:in
Volker Beeden
Volker BeedenSeine eigenen Erfahrungen und weitreichende Kenntnisse über Geld sowie Beruf & Karriere gibt Volker mit Freude weiter. In seinen leicht verständlichen Texten beantwortet der Jurist auch Fragen rund um Ihr Zuhause.
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