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„Absurdität“ - eine Erklärung in Abgrenzung zum „Grotesken“

Inhaltsverzeichnis

Verkehrte Welt - macht das Sinn?
Verkehrte Welt - macht das Sinn?
Die Begriffe „absurd“ und „grotesk“ sind in der Alltagssprache nicht deutlich voneinander unterschieden. Im Gegenteil: Oft werden sie synonym gebraucht. Doch „Absurdität“ ist nicht gleich das „Groteske“ – weder philologisch noch philosophisch.

Das „Absurde“ und das „Groteske“ tauchen in Kunst, Kultur und Literatur immer wieder auf, um etwas Seltsames zu bezeichnen, das man nicht klar einordnen kann: Sind es die verzerrten Bewegungen eines Menschen, fantastische Mischwesen oder selbstreferenzielle Erklärungen a la „ein Hund ist ein Hund“. Im Folgenden werden beide Begriffe mit dem Fokus auf ihren Einsatz in der Literatur näher erläutert und voneinander unterschieden, wobei zunächst die Wortherkunft zu klären ist. 

Erklärung der Wortherkunft

  • Das Wort „absurd“ leitet sich von dem lateinischen Wort „absurdus“ ab. Es ist dem Hören zugeordnet und bedeutet „misstönend“ oder einfach „disharmonisch“. Im übertragenen Sinne ist „Absurdität“ etwas, das dem Gehörten, oder allgemeiner der Logik und Vernunft, zuwiderläuft.
  • Das „Groteske“ dagegen ist seiner Herkunft nach viel stärker bildlich geprägt. Das Wort „grotesk“ geht auf das italienische Wort „grottesco“ beziehungsweise „grotta“ zurück, das Höhle oder Grotte heißt. Damit bezieht es sich auf den Fundort ornamentaler Grottenbilder, die im 15. Jahrhundert bei Ausgrabungen in Rom entdeckt wurden. Sie zeigten Mischwesen aus Pflanzen, Tieren und Menschen, die keiner bekannten Ordnung entsprechen und sonderbar anmuteten. In der Folge bezeichnete das Adjektiv im alltäglichen Sprachgebrauch alles Abweichende, das sowohl komisch als auch unbehaglich anmutete.

„Absurdität“ und „Groteske“ in der Theorie

  • Im Unterschied zum Grotesken taucht das Absurde viel öfter in philosophischen Diskursen auf. Am bekanntesten ist seine Verwendung in der Existenzphilosophie bei Albert Camus und Jean Paul Sartre sowie dem „Absurden Theater“, das durch diese Philosophie geprägt ist. Das Groteske dagegen wird meist nur kulturtheoretisch abgehandelt. So ist es beispielsweise ein Eigenname für einen Tanz und eine literarische Gattung.
  • Mit Blick auf die Wortherkunft wird deutlich, woher diese Zuordnung rührt. Während „grotesk“ viel stärker der visuellen Wahrnehmung zugeordnet ist und von der bildenden Kunst auf die Literatur übertragen wurde, bezieht „Absurdität“ seine Bedeutung aus der auditiven Wahrnehmung und Musik. Diese ist wiederum, philosophisch gesehen, eng mit der Logik, dem Denken und der Vernunft verknüpft.
  • Dennoch finden sich, wie bereits angedeutet, beide Begriffe entweder als Stilmittel oder als Gattung in der Literatur. Auf sprachlicher und logischer Ebene können Worte, Sätze und Sentenzen als absurd oder grotesk bezeichnet werden.

Sinnwidrig und widersinnig - eine Abgrenzung

  • Albert Camus beschreibt das Gefühl der Absurdität als Erlebnis der Sinnlosigkeit menschlicher Existenz. Nicht nur in dieser Beschreibung ist das Absurde an die Sinnhaftigkeit gebunden, insofern es Sinn auflöst beziehungsweise entleert. Selbstbezüglichkeit von Worten ist in sprachlicher Hinsicht ein sehr gutes Beispiel für Absurdität, wie eine Gedichtzeile von Gertrud Stein zeigt: „Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose“. Etwas mit sich selbst zu erklären, verhindert bereits die Möglichkeit von Sinn.
  • Im Grotesken geschieht auf den ersten Blick Ähnliches. Es verzerrt, verkehrt, spiegelt oder vermischt bekannte Ordnungen und Formen und mithin Bedeutung. Beispielhaft hierfür ist das Wörtlichnehmen von Redewendungen und ihre szenische Ausgestaltung, wodurch die im täglichen Sprachgebrauch eingeübte Bedeutung aufgelöst wird: „jemanden über den Tisch ziehen“ oder „mit den Wölfen heulen“.
  • Der Unterschied zwischen absurder und grotesker Sprachgestaltung liegt hier jedoch in der Intensität. Während das eine lediglich widersinnig ist, ist das andere sinnwidrig. Das Absurde ließe sich dementsprechend als Steigerungsform des Grotesken sehen, insofern es selbst die Möglichkeit von Sinn auflöst.

Absurdität und Groteskes gehen fließend ineinander über

  • Hinter der Absurdität steht somit lapidar gesagt die Leere, hinter dem Grotesken außerdem das Spiel mit Formen und Bedeutungen. Die Wirkung des Absurden ist dabei eher eine Erschütterung, während das Groteske sowohl Erschütterung als auch Lachen evoziert - ein Lachen aber, das im Halse stecken bleibt und alles andere als befreiend ist.
  • Zwei frei gewählte Beispiele verdeutlichen das: Wenn in einem Theaterstück ein Mensch tatsächlich als Hund behandelt wird, die Metapher wörtlich genommen wird, wirkt das grotesk, erzeugt darüber hinaus aber keinen Sinn und neigt zur Absurdität. Wenn, um im Theater zu bleiben, die Dialoge in einem Stück nur aus dem Wort „Murmel“ bestehen, ist das absurd. Die Intonation, Mimik und Gestik der Schauspieler im Gesamtkonzept ist dagegen grotesk - wobei hier der Unterschied zwischen auditiver und visueller Wahrnehmung gemäß der Wortherkunft beider Begriffe besonders deutlich wird.
  • Beide Beispiele sind auch Ausdruck davon, dass es unterschiedliche Meinungen darüber gibt, ob nun das Absurde Gestaltungsmittel des Grotesken ist oder umgekehrt. Ebenso sind beide Begriffe selbst in Theorie und Forschung nicht immer eindeutig voneinander unterschieden. Das liegt wohl daran, dass beide, allen Unterscheidungsversuchen zum Trotz, kontinuierlich ineinander übergehen. Ausdruck dieser Gratwanderung ist und bleibt die synonyme Verwendung in der Alltagssprache.
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