Alle Kategorien
Suche

Angemessenes Wirtschaftswachstum - eine Definition

Eine wachsende Wirtschaft soll den Wohlstand der Gesellschaft steigern.
Eine wachsende Wirtschaft soll den Wohlstand der Gesellschaft steigern.
Fast täglich hören Sie in den Nachrichten etwas über Inflation, kalte Progression, Eurostabilität oder die Arbeitslosenquote. Das Ziel sei angemessenes Wirtschaftswachstum, heißt es. Doch was bedeutet das eigentlich? Einfach ausgedrückt soll mehr Produktion zu mehr Gütern führen, die einen größeren materiellen Wohlstand für die Gesellschaft versprechen.

Ziel der sozialen Marktwirtschaft ist ein angemessenes Wirtschaftswachstum

Die soziale Marktwirtschaft bezeichnet ein volkswirtschaftliches System, wie es unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland praktiziert wird. Sie sind damit intuitiv vertraut, auch wenn Ihnen die Theorie nicht vollständig bekannt ist. Das System der sozialen Marktwirtschaft verfolgt sechs wirtschaftliche Ziele. Eines davon ist angemessenes Wirtschaftswachstum. Der Grundgedanke ist, dass mehr Güter den materiellen Wohlstand der Gesellschaft steigern.

  • Das Wachstum soll stetig erfolgen, nicht kurzzeitig. Ziel ist es, die angestrebte Wachstumsrate jedes Jahr zu erreichen, nicht nur einmal oder in unregelmäßigen Abständen. Große Schwankungen sind nicht gewünscht, ein Jahr soll nicht genau so viel Wachstum bringen wie drei andere Jahre zusammen. Stetigkeit ist ein wichtiger Aspekt für angemessenes Wirtschaftswachstum, reicht allein jedoch nicht aus.
  • Als angemessen betrachtet man eine Wachstumsrate von zwei bis drei Prozent. Das mag Ihnen wenig erscheinen. Bedenken Sie aber, dass in einem Land wie Deutschland jedes Jahr sehr viele Güter produziert werden. Damit sind zwei Prozent eine große Menge an Gütern. Als Grundlage der Berechnung wird das Bruttoinlandsprodukt, kurz BIP, genutzt. Aus der Veränderung des BIP zum Vorjahr ergibt sich die Wachstumsrate.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) kurz erklärt

  • Das BIP geht aus dem sogenannten Inlandskonzept hervor. Dieses erfasst alle wirtschaftlichen Leistungen, die im Betrachtungszeitraum innerhalb der geographischen Grenzen eines Landes erbracht werden. Es ist unerheblich, wer die Leistung erbracht hat. Der ständige Wohnsitz des Leistungserbringers kann auch im Ausland liegen. Das bedeutet, wenn Ausländer in Deutschland etwas produzieren, geht das ins BIP mit ein. Stellen beispielsweise Sie Produkte in der Schweiz her, obwohl Sie Deutsche/r sind, werden diese nicht im BIP erfasst.
  • Berechnet wird das BIP als die Differenz aus der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage im Land und dem Import. Es misst den Wert der im Inland produzierten Güter. Es  ist somit ein Produktionsindikator. Wenn Sie einmal die Bezeichnung „domestic product“ lesen, ist ebenfalls das BIP gemeint. Dieser Begriff drückt die Raumbezogenheit der Größe aus.

Grenzen und Probleme des Wirtschaftswachstums

Zur Berechnung des BIP zieht man die Preise der Güter heran. Diese steigen allerdings aufgrund der Inflation an, ohne dass die Wirtschaft wächst. Dadurch erhält man scheinbares Wirtschaftswachstum: Das BIP wächst, obwohl nicht mehr Güter vorhanden sind als zuvor. Sie freuen sich über ein Wachstum, dass Sie in Wirklichkeit nicht erreicht haben. Es ist daher notwendig, mit Werten zu arbeiten, aus denen die Inflation herausgerechnet wurde, um einen aussagekräftigen Wert für das BIP zu erhalten.

  • Schwarzarbeit, Hausfrauen- und Heimwerkertätigkeit gehen nicht in die Berechnung ein, da sie nicht offiziell gemeldet werden. Durch Reparaturleistung erfasst man eventuell Güter mehrfach, die nur einmal eingerechnet werden dürften. In beiden Fällen erhält man ein verfälschtes Ergebnis.
  • Ein Wachstum ins Unendliche ist nicht möglich. Grenzen entstehen durch Umwelt/Reserven und durch das Geld in einem Land. Dazu kommen technologische Grenzen sowie Grenzen des gesellschaftlichen Arbeitsvermögens. So können der Umwelt nicht beliebig viele Rohstoffe entnommen werden. Beispielsweise werden die Vorräte des Erdöls, das Sie bisher als selbstverständlich angesehen haben, in einigen Jahren erschöpft sein. Auch möchten und können Sie vermutlich nicht jede Woche 80 Stunden arbeiten.
  • Auch wenn jedes Jahr das gleiche mengenmäßige Wachstum erzielt wird, sinkt die Wachstumsrate. Die größer werdende Berechnungsgrundlage fordert ein größeres absolutes Wachstum, um die gewünschte Rate weiterhin zu erreichen. Wenn Sie in einer bestimmten Zeit Güter im Wert von 1000 € produzieren, müssten Sie sich im nächsten Jahr auf 1020 € steigern. Haben Ihre Produkte bereits einen Wert von 10.000 €, müssten Sie ein Jahr später einen Wert von 10.200€ erreichen! Prozentual gesehen erzielen Sie die gleiche Steigerung, müssen aber mengenmäßig viel mehr produzieren.

Angemessenes Wirtschaftswachstum zu erreichen, ist folglich keine leichte Aufgabe. Zudem genügt dieses Ziel nicht, um steigenden Wohlstand für die Gesellschaft sicherzustellen. Dafür spielen noch die fünf anderen Ziele eine große Rolle: Preisniveaustabilität, Vollbeschäftigung, Umweltschutz, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und gerechte Einkommens- und Vermögensverteilung. Alles zusammen in die Tat umzusetzen, ist praktisch unmöglich. Ein gewisses Maß an Wirtschaftswachstum wird jedoch in absehbarer Zukunft stets erreichbar sein.

Teilen: