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Die Sonatenhauptsatzform

Die Sonatenhauptsatzform hilft dabei, eine Komposition auch theoretisch zu erfassen.
Die Sonatenhauptsatzform hilft dabei, eine Komposition auch theoretisch zu erfassen.
Um klassische Kompositionen besser voneinander unterscheiden zu können, unterteilt man sie in verschiedene Formen. Zu den bekanntesten und häufigsten Formen gehört die Sonatenhauptsatzform. Sie wird nicht nur in Sonaten, sondern auch in Sinfonien verwendet. Ziel der Sonatenhauptsatzform ist es, den einzelnen musikalischen Abschnitten bestimmte Funktionen zuzuordnen. Hier unterscheidet man zwischen Exposition, Durchführung, Reprise und Coda.

Definition und Entstehung

Die Sonatenhauptsatzform, kurz auch SHF genannt, blickt auf eine lange Geschichte zurück. Musikwissenschaftler erkannten bereits in klassischen Sinfonien des 18. Jahrhunderts auffällige Gemeinsamkeiten bezüglich der Form. Einer der ersten Komponisten, dessen Sinfonien dieses Gestaltungsprinzip aufwiesen, war Joseph Haydn (1732-1809).

  • Noch älter als die Sonatenhauptsatzform selbst ist der Begriff der Sonate. Dieser stammt bereits aus dem 16. Jahrhundert. Komponisten wie Giovanni Gabrieli (1554-1612) benutzten ihn, um vokale und instrumentale Musik zu unterscheiden. Für vokale Kompositionen wurde der Begriff "Canzone" verwendet, instrumentale Werke nannte man "Sonate". Wörtlich übersetzt ist eine Sonate nichts anderes als ein "klingendes Stück".
  • Die verschiedenen Abschnitte der heute bekannten Sonatenhauptsatzform haben sich aus dem Modell der Sonate entwickelt. Entscheidend war hier die standardisierte Abfolge kontrastierender Teile. Die meisten Sonaten bestanden aus drei Sätzen, die dem Prinzip der Reihenfolge 'schnell - langsam - schnell' folgten.
  • Die Mehrsätzigkeit als Charakteristikum der Sonate wurde später auch auf die Sinfonie übertragen. Heute enthält eine Sonate drei oder vier Sätze, eine Sinfonie ist meist viersätzig. Die Sonatenhauptsatzform betrifft lediglich einen einzigen Satz. Dies ist in der Regel der Kopfsatz, der den Charakter der Komposition entscheidend prägt.
  • Die Sonatenhauptsatzform hilft dabei, eine Komposition nicht nur emotional, sondern auch theoretisch zu durchblicken. Nicht nur visuell anhand der Noten, sondern auch rein auditiv lassen sich die verschiedenen Formteile voneinander abgrenzen. Besonders auffällig ist meist der Einsatz der Reprise, der die anfangs vorgestellten musikalischen Themen noch einmal wiederholt.

Wenn heute von der Sonatenhauptsatzform die Rede ist, handelt es sich um einen Begriff aus der Formenlehre. Nicht die Komponisten selbst haben sich darüber Gedanken gemacht, sondern erst Musikforscher, die sich mit den Werken beschäftigten. Komponisten, an deren Werken sich die Sonatenhauptsatzform besonders deutlich zeigt, sind die Wiener Klassiker Haydn, Mozart und Beethoven.

Zum Aufbau der Sonatenhauptsatzform

Die Sonatenhauptsatzform besteht aus vier übergeordneten Teilen: Exposition, Durchführung, Reprise und Coda. Ausschlaggebend für die Erkennung dieser Teile sind harmonische und melodische Kennzeichen.

  • Jeder der vier Abschnitte hat eine bestimmte Funktion. Die Exposition ist wie eine Eröffnung. Sie stellt die wichtigsten Themen vor, die im weiteren Verlauf entwickelt werden. Meist sind es zwei kontrastierende Themen. Um sie besser voneinander abzugrenzen, nennt man sie Haupt- und Seitenthema.
  • Das erste Thema, auch Hauptthema genannt, trägt oft energische, markante Züge. Meist wird es in schnellem Tempo vorgetragen. Das Seitenthema dagegen ist oft lyrischer, kantabler. Es besteht aus ruhigeren Notenwerten und weniger prägnanten Rhythmen.
  • Entscheidend für das Modell der Sonatenhauptsatzform ist nicht nur die Gestalt der Themen, sondern auch ihre Tonarten. Hierbei gilt folgende Regel: Ist die Haupttonart der Komposition eine Durtonart, so steht das Hauptthema ebenfalls in dieser Tonart. Das Seitenthema steht in der Dominanttonart. Stellen Sie sich vor, die Komposition stünde in der Haupttonart, auch Tonika genannt, C-Dur. Dann müsste das Hauptthema ebenfalls in C-Dur stehen, das Seitenthema jedoch in G-Dur.
  • In vielen klassischen Kompositionen erkennen Sie das Ende der Exposition am Doppelstrich in der Partitur. Dieser Doppelstrich zeigt nicht nur das Ende des Formteils an, sondern enthält oft die Anweisung, dass die Exposition wiederholt wird. Durch ein zweites Hören können Sie sich die Themen als Zuhörer noch besser einprägen.
  • Die Exposition ist im Vergleich zu den anderen Formteilen meist am deutlichsten zu erkennen. Sie unterliegt der Reihenfolge: Hauptthema - Überleitung - Seitenthema - Schlussgruppe. DIe Überleitung sorgt für den geschmeidigen Übergang von einer Tonart in die nächste. Musiktheoretiker sprechen hier von einer Modulation.
  • Da die Schlussgruppe in der gleichen Tonart steht wie das Seitenthema, ist eine weitere Überleitung hier nicht notwendig. Die Schlussgruppe enthält oft eine Synthese aus beiden Themen, kann aber auch neues motivisches Material enthalten.

Auf die Exposition folgen Durchführung, Reprise und Coda

Die Durchführung ist der Formteil, der das Herzstück der Sonatenhauptsatzform ausmacht. Hier kann ein Komponist sich im wahrsten Sinne des Wortes musikalisch austoben. Kompositorische Charakteristika lassen sich daher anhand der Durchführung besonders gut erkennen.

  • Wie der Name schon sagt, werden in der Durchführung die Themen der Exposition verarbeitet bzw. "durchgeführt". Je nach Komponist und Epoche kann sich die Gestalt der Themen dabei grundlegend verändern. Manchmal bleiben nur noch einzelne Motive übrig, die musikalisch differenziert weiterentwickelt werden.
  • Im Gegensatz zur Exposition ist in der Durchführung keine durchgängige Tonart mehr erkennbar. Dieser Formteil lässt dem Komponisten die Freiheit, sämtliche Tonarten kurz zu berühren und ebenso schnell wieder zu verlassen. Auf diese Weise entsteht eine große musikalische Dichte und Komplexität.
  • Die Reprise ist der Formteil, den Sie beim Hören am leichtesten wiedererkennen können. Sie wiederholt die Themen, die in der Exposition vorgestellt und in der Durchführung weiterverarbeitet wurden. Dramaturgisch ist dies geschickt, denn die Themen präsentieren sich nach einer oft komplizierten Durchführung viel deutlicher.
  • Die Coda dient dazu, die Sonatenhauptsatzform abzuschließen. Hier wird kein neues Material mehr vorgestellt. Ihre Funktion ist es, die musikalischen Abschnitte zusammenzufassen und den Satz abzuschließen. Dadurch wird die Sonatenhauptsatzform zu einem in sich geschlossenen Gebilde.

Die Sonatenhauptsatzform macht aus einem musikalischen Satz ein in sich geschlossenes Gebilde. Die verschiedenen Teile helfen Ihnen dabei, sich einen musikalischen Überblick zu verschaffen. Auf diese Weise wird auch eine hochkomplizierte Komposition verständlicher.

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