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Süße Beleidigungen - so gehen Sie mit lustigen Schimpfworten Ihrer Kinder richtig um

Positive Kommunikation erfordert ein einheitliches Sprachverständnis.
Positive Kommunikation erfordert ein einheitliches Sprachverständnis.
Was sind „süße Beleidigungen“? Von welchem Kindesalter ist die Rede, wenn Sie sich fragen, ob die Aussagen Ihrer Kinder noch tragbar sind? Der Übergang von „süß“ empfundenen, ehrabschneidenden Schimpfworten, ist gleitend. Kinder, die zu Jugendlichen heranreifen, werden durch Elternhaus, Kindergarten, Schule, Freunde, Medien u.v.m. beeinflusst. Im Umgang mit Gleichaltrigen entwickeln einige eine „Jugendsprache“ (z. B. Comicdeutsch, Szenensprache, Hip-Hop-Jargon). Schimpfworte, die innerhalb dieser „Jugendsprache“ genutzt werden, klingen für manche Menschen „normal“, „abwertend“, „seltsam“ oder gar „unverständlich“, während sie von Jugendlichen als „netter kleiner Hinweis“ gewertet werden.

Ob es „süße Beleidigungen“ überhaupt gibt

  • Stellen Sie sich vor, Ihr Dreijähriger kommt vom Kindergarten nach Hause und erklärt Ihnen mit strahlendem Lächeln: „ Hallo Nasenbär, bin wieder zu Hause.“ Ist das eine süße Beleidigung? Erst einmal ist es ein neues Wort, welches Ihr Dreijähriger aufgeschnappt hat und ausprobiert. Wie kommt diese Szene bei Ihnen emotional an? Müssen Sie innerlich lächeln, weil die Art, wie Ihr Hosenmatz strahlend vor Ihnen steht, Freude bereitet? Wie könnte da "Nasenbär", innerhalb einer so „süßen“ Situation, eine Beleidigung sein?
  • Stellen Sie sich vor, drei Tage später ruft Ihr Dreijähriger strahlend: „Hallo Alte, bin wieder da“. Würden Sie diese Aussage ebenfalls als „süße Beleidigung“ auffassen? Der kleine Mann hat nur ein neues „Ansprech-Wort“ ausprobiert. Wenn Sie nun verärgert reagieren, wird Ihr Dreijähriger nicht verstehen, warum der „Nasenbär“ erlaubt und „Alte“ nicht erlaubt ist. Wie erklären Sie ihm, das „Alte“ für Sie ein Schimpfwort ist, während Sie „Nasenbär“ als eine „süße Beleidigung“ empfinden.
  • Bevor Sie sich darüber Gedanken machen, lassen Sie noch eine Situation vor Ihrem geistigen Auge erscheinen: Sie haben mit Ihrem Kind geklärt, keine „Alte“ sein zu wollen, den „Nasenbären“ aber ganz nett zu finden. Also erklärt Ihr Jüngster der Oma, die soeben zu Besuch kommt, freudestrahlend: „Hallo Nasenbär, da bist Du ja endlich.“ Voller Entrüstung erwidert Oma: „Was, ich bin doch kein Nasenbär, wie kannst Du mich so nennen?“ Ihr Dreijähriger wird die Welt der Erwachsenen nicht mehr verstehen. Mama hat es erlaubt und Oma ist entsetzt - und Sie wissen nicht, wie Sie die Situation retten können.
  • Ohne in die Weite zu schweifen, kann man im Zeitraffer davon ausgehen, dass Kinder sich im Laufe der Zeit mit Begriffen auseinandersetzen, um ihnen eine eigene Bedeutung zu verleihen. Vielleicht forschen sie irgendwann einmal nach, das ein Nasenbär ein tagaktives Tier ist, welches als niedlich empfunden wird - oder sie erleben Nasenbären als hässlich. Ab dem Moment bekommt das Wort „Nasenbär“ für Ihr Kind eine neue Bedeutung. Im positiven Fall würde Ihr Kind dieses Wort als „Nettigkeit“ nutzen, im schlimmsten Fall als „Beleidigung“.
  • Jugendliche bezeichnen nicht nur ältere Menschen als „Alter“, sondern nutzen das Wort untereinander. Die Assoziationen, die hinter dem Wort stehen, können unterschiedlich sein. Manche Jugendliche erleben ältere Menschen als akzeptabel aber von den Jahren her als „alt“. Andere verbinden mit dem „Alter“ eine vergreiste, nicht mehr ernst zu nehmende Person. Es kann also durchaus geschehen, dass ein Jugendlicher erklärt: „Hey, Alter, pass` auf“, ohne sein Gegenüber beleidigen zu wollen, während ein anderer Jugendlicher durchaus beleidigend verstanden werden will.

Beleidigungen sind grundsätzlich immer ehrverletzend und eine Missachtung der anderen Person. Insofern kann eine Beleidigung nicht „süß“ sein. Der Kontext, indem ein unzutreffendes Wort (Nasenbär, Alter, Teflongesicht, Matschmotte usw.) gebraucht und verstanden wird, ist ausschlaggebend. In diesem Sinne ist es wichtig, mit Kindern die Wortbedeutungen, die emotionalen Bedeutungen, sowie die unterschiedlichen Auffassungsmöglichkeiten zu klären.

So gehen Sie mit „süßen“ Beleidigungen Ihrer Kinder um

Ein altes Sprichwort sagt: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr.“ Da ist etwas Wahres dran. Machen Sie trotz „niedlicher Situationen“, bereits Ihre kleinen Kinder auf die verschiedenen Faktoren der Kommunikation aufmerksam (Wortbedeutung - emotionaler Effekt beim Gegenüber - negative oder positive Verständnisebene usw.), denn "Verstehen" erfordert ein einheitliches Sprachverständnis.

  • Gehen Sie gedanklich zum Absatz 1 zurück. Ihr Kind kommt aus dem Kindergarten und begrüßt sie freudestrahlend mit „Nasenbär“. Wenn Sie diese Situation als „süß“ empfinden, dürfen Sie es ruhig zeigen. Aber fragen Sie, Ihr Kind, woher es den Ausdruck kennt. Erklären Sie ihm, dass Sie diese Situation nett fanden, dass aber andere Menschen vielleicht anders reagieren, weil sie Nasenbären nicht mögen. Klären die Wortbedeutung, indem Sie Ihrem Spross einen Nasenbären zeigen, und erklären Sie die emotionale Empfindsamkeit anderer Menschen, die nicht so bezeichnet werden möchten, weil sie Nasenbären vielleicht hässlich finden.
  • Machen Sie Ihr Kind darauf aufmerksam, dass die Bedeutung einiger Begriffe und deren emotionale Auswirkungen auf andere, der gemeinsamen Klärung bedürfen, um untereinander nutzbare Gültigkeit, ohne Beleidigungsstatus zu erlangen. Gegenüber Anderen ist jedoch Achtung geboten.
  • Machen Sie Ihr Kind auf seine ungewollten „Beleidigungen“, z. B. "Alte", aufmerksam. Fragen Sie es, woher der Ausdruck stammt. Berichten Sie Ihrem Kind Ihre Empfindung, wie z. B. „Ich bin noch nicht alt, alt ist für mich ab…Jahren. Das zu hören, tut mir weh. Das macht mich traurig. Ich möchte nicht Deine „Alte“, sondern Deine Mutter sein.“ Sagen Sie Ihrem Kind, dass dieses Wort für Sie eine Beleidigung bedeutet. Erläutern Sie, dass Sie mit Ihrem Kind respektvoll umgehen und deshalb auch von Ihrem Kind einen respektvollen Umgang mit Ihrer Person erwarten dürfen.
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